Ankündigung der Tagung der Freien Akademie vom 29. bis 31. Mai 2026

Die Freie Akademie lädt herzlich zu ihrer wissenschaftlichen Tagung zum Thema

Menschsein zwischen biologischer und soziokultureller Evolution

vom 29. bis 31. Mai 2026, in der Frankenakademie Schloss Schney, bei Lichtenfels ein.

Die Kant`sche Frage „Was ist der Mensch?“ stellt sich wohl jedem Menschen in vielfältigen Formen. Einmal im Rahmen der einer eher personal – subjektiven Dimension, innerhalb deren die Probleme des „Selbstseins“ und der „subjektiven Tatsachen“ (vgl. dazu Schmitz 2009) im Zentrum stehen. Neben diesem, von den naturwissenschaftlichen Zugängen eher vernachlässigten Bereichen, stehen die Ansätze, die sich in objektivierender Weise dem Menschen und dem Menschsein zuwenden. 

Das weite Spektrum an möglichen Antworten welches durch Mythologie, Religion, Wissenschaft, Tradition etc. vermittelt wird, bewegt sich dabei zwischen den Polen eines vorgegebenen und aufgegebenen Menschseins. Ersteres rekurriert dabei auf göttliche Planungen, unerbittliches Schicksal, genetische Determination, soziokulturelle Prägungen und Ähnliches mehr. Der Gedanke eines aufgegebenen Menschseins stellt ein weites Spektrum möglicher Formen ein Mensch zu sein in den Raum, die vor allem durch Aktivität seitens des Subjekts realisiert sein können. „Der Mensch ist das, wozu er sich macht“ (Sartre) gilt dabei als Leitidee. Das Subjekt erscheint als Souverän mit weitestgehender Verfügungsgewalt über sich selbst und seine Umgebungsbedingungen.

Um die mit diesem Thema vielfach einhergehenden Polarisierungen und komplexitätsreduzierenden Vereinfachungen zu vermeiden, versucht die anstehende Tagung einen Zugang – ausgehend vom Evolutionsparadigma – zu entwickeln.  Erweist sich Evolution als Leitidee und integrales Konzept der Biowissenschaften mit solider empirischer Fundierung, stehen deren Anwendung im Bereich existenzieller anthropologischer Problemfelder sowie innerhalb der Kultur- bzw. Geisteswissenschaften nach wie vor beträchtliche Hürden gegenüber. Auch der zeitgeistig–politische Diskurs erweist sich in zahlreichen Ausprägungen von der Idee der absoluten Souveränität des Subjekts und dessen ausschließlich sozialer Determination bestimmt.

Um den mit der Betonung des Evolutionsparadigmas einhergehenden Assoziationen eines evolutionsbiologischen Determinismus vorzubeugen, soll vorweg deutlich gemacht werden, dass es sich im Kontext der anstehenden Tagung um einen systemtheoretisch verfassten Evolutionsbegriff handelt (vgl. dazu Riedl 1980). Ausgehend von unterschiedlichen Systemebenen (genetisch, sozial, kognitiv, kulturell etc.), die auf der Annahme eines „Schichtenbaues der realen Welt“ (Riedl 1980) gründen, soll durch die Unterscheidung der jeweils relevanten Ober- und Untersystemen ein nicht reduktionistischer Zugang eröffnet werden, der zusätzlich durch eine entsprechende „niveauadäquate Terminologie“ gekennzeichnet ist.

Die Untersysteme erweisen sich dabei als variationsbedingende Bereiche (Genpool, funktionsspezifische Verhaltensmuster, soziale Standards etc.), die in enger Interaktion mit den jeweiligen Obersystemen (Milieu, Gruppe, Ideologien …..) stehen. Diese wirken als selektionswirksame Faktoren, welche aus dem vorhandenen Variationspool bestimmte Formen „auslesen“. Die jeweiligen Kriterien und Funktionsweisen dieser selektiven Prozesse sind dabei – entsprechend der jeweiligen Systemebene – unterschiedlich, und damit gesondert zu verdeutlichen. Einer der Schwerpunkte der anstehenden Tagung ist dabei den systemischen Zusammenhängen kultureller Evolutionsprozesse gewidmet.

Eine der Leitfragen ist – ausgehend von dem erwähnten „Schichtenbau der realen Welt“ – in welcher Weise die jeweiligen Untersysteme als grundlegende Vorbedingungen in die oberen Systemebenen „hineinwirken“ und damit deren Funktion beeinflussen. Erlangen manche Obersysteme dabei eine Form von Autonomie von ihren Vorbedingungen oder bleibt das „große Ganze“ der übergreifenden Systemzusammenhänge immer und überall erhalten? 

Die zeitgeistig dominierende Sichtweise einer weitestgehenden Souveränität des Subjekts über sich selbst und der umfassenden Machbarkeit seiner Lebenswelten wird damit ebenso hinterfragt wie diverse „Reduktionismen“ in ihrem Bemühen, jeweils höhere Systemebenen (z.B. menschliche Verhaltensdimensionen) aus deren Untersystemen (z.B. den genetischen Grundlagen) zu erklären. Der damit geschaffene Zugang zu grundlegenden Fragen einer umfassenden Anthropologie könnte damit einen erweiterten Horizont eröffnen, der zwischen den erwähnten Polen der Vorgegebenheit und Unverfügbarkeit sowie der Aufgegebenheit und freien Selbstwahl menschlichen Existierens vermittelt.

Die Tagung befasst sich interdisziplinär mit verschiedenen wissenschaftlichen Aspekten der evolutionären Entwicklungen. Dabei stehen aktuelle Daseins- und Wertefragen unter philosophischen, kulturwissenschaftlichen, anthropologischen und biowissenschaftlichen Gesichtspunkten im Vordergrund. „Evolution“ und das Entwicklungsdenken haben die Freie Akademie schon vielfach beschäftigt.

Lassen Sie uns interdisziplinär diskutieren, Antworten finden und neue Fragen formulieren und gemeinsam klüger werden. Sie sind herzlich zur wissenschaftlichen Tagung der Freien Akademie vom 29. bis 31. Mai 2026, in der Frankenakademie Schloss Schney eingeladen.

Dr. Volker Mueller                                        Dr. Manfred Wimmer

Präsident der Freien Akademie                     Wissenschaftlicher Tagungsleiter